Der Grenzübertritt von der Türkei nach Georgien verläuft problemlos und ist in 35 Minuten erledigt. Ich muss aussteigen und durch einen Korridor laufen. Dort findet die Passkontrolle statt. Roger fährt mit Pucci und die Beamten wollen kurz ins Auto und in die Kisten schauen. Von den georgischen Grenzbeamten werden wir in Englisch herzlich willkommen geheissen. Was für eine Wohltat, wenn man wieder kommunizieren kann ohne Übersetzungsapp. Bevor wir die Höhlenstadt Wardsia anschauen gehen, müssen wir die administrativen Dinge erledigen wie SIM Karte kaufen und Bargeld beschaffen.
Direkt nach der Grenze fahren wir ca. 20 Kilometer an einem Lastwagenstau entlang. Diese warten alle auf den Grenzübertritt in die Türkei. Wir erfahren dass das hier normal ist und dass der aktuell hinterste Lastwagen ungefähr eine Woche Wartezeit hat, bis er die Grenze überqueren wird! Unvorstellbar. Selbstverständlich hat es keine Toiletten oder Verpflegungsstände wie das bei uns in der Schweiz der Fall ist. Help yourself ist hier das Motto. Aber die Lastwagenfahrer sind sich das natürlich gewohnt und entsprechend ausgestattet.
Höhlenstadt Wardsia
Da es gleich in der Nähe liegt, wollen wir als erstes die Höhlenstadt Wardsia anschauen gehen. Da es jedoch schon relativ spät am Nachmittag ist, verschieben wir die Besichtigung auf den nächsten Tag und suchen uns einen Schlafplatz weiter hinten im Tal. Wir werden direkt am Flussufer fündig und später erhalten wir noch Gesellschaft von einem netten Paar aus Österreich. Die beiden haben vier Wochen Zeit um vom Tirol nach Armenien und wieder zurück zu fahren. Da geniessen wir unser Privileg einmal mehr, dass wir uns die Auszeit genommen haben und so ohne Zeitdruck die verschiedenen Länder geniessen können. Ein Austausch mit anderen Reisenden ist immer spannend und es gibt einiges zu erzählen.
Wardsia wurde im 12. Jahrhundert in einer Wand des Bergs Eruscheti im kleinen Kaukasus erbaut. Für die Einwohner waren ursprünglich 3.000 Wohnungen auf bis zu sieben Stockwerken errichtet worden, die Platz für 50.000 Menschen boten. Jede Wohnung bestand aus drei Räumen. Es gab eine Schatzkammer, eine Kirche, eine Bibliothek, Bäckereien, medizinische Versorgung, Weinpresse und Weinlager, Ställe und Badebassins. Wasser floss aus Keramikleitungen. Nach einem Erdbeben im Jahre 1283 sind heute noch 750 Räume auf einer Fläche von etwa 900 Quadratmetern erhalten.
Um Wardsia zu besichtigen, muss man gut zu Fuss sein. Viele Treppenstufen führen hoch und runter. Teilweise sehr steil und ohne Handläufe. Zwischendurch muss man gebückt durch enge Tunnels. Auf jeden Fall ein tolles Erlebnis mit eindrücklichen Ausblicken.
Strassenüberraschungen in Georgien
Nach der Besichtigung von Wardsia, fahren wir auf direktem Weg zum Kokhta Hotel. Zum Abschied von Bio Suisse, habe ich von meinen netten Arbeitskollegen auch einen Hotelgutschein in Georgien erhalten. Nachdem wir den Gutschein aufgrund von Routenänderungen schon 2x verlängern mussten, können wir diesen nun endlich einlösen und wir freuen uns sehr auf zwei Nächte im Hotel und vor allem wieder mal auf eine warme, lange Dusche.
Viele Strassen in Georgien sind mit Schlaglöchern und -kratern übersät. So auch die Strasse Richtung Hotel. Wir fahren auf einer Strasse, auf Google Maps mit Gelb als „Hauptstrasse“ markiert. Nach einem Dorf, wechselt der Strassenbelag von Schlagloch zu Schotter bis hin zu Bachbeet. Wir fahren über einen 2500 Meter hohen Pass und sind froh, dass der Schnee, welcher an einigen Stellen noch zu Hauf liegt, von der Strasse bereits geschmolzen ist. Auf der Passhöhe befindet sich eine Polizeistation und unsere Pässe und Fahrzeugpapiere werden ausgiebig kontrolliert und erfasst. Hier führt eine strategische Gasleitung von Aserbaidschan in die Türkei durch und das ist der Grund für die Polizeistation.
Nach der weiteren Fahrt den Pass runter, kommen wir in Bakuriani und somit auch beim Hotel an. Wie auch schon in Griechenland, kann man sich nicht auf die entsprechenden Strassenkennzeichnungen verlassen. Aber solange es noch einigermassen fahrbar ist, kein Problem für unseren Pucci.
Auszeit vom Vanlife
Wir treffen im Kokhta Hotel in Bakuriani ein. Von Aussen ein grosses, mit Holz verkleidetes Gebäude aber Innen ist es sehr schön, stilvoll und mit Liebe zum Detail eingerichtet. Wir beziehen unser grosses Zimmer. So viel Platz zu haben sind wir uns definitiv nicht mehr gewohnt. Die Tage im Hotel verbringen wir mit lecker Essen und Trinken (der Georgische Wein überzeugt uns bereits ab der ersten Flasche), Wandern, Ausruhen und auch Arbeiten an Blog, Fotos und Videos. Endlich wieder Strom à discretion zur Verfügung. Auch das nutzen wir gerne.
Nach zwei Nächten Auszeit ziehen wir zurück in den Bus und fahren fort mit der Erkundung von Georgien.
Nationalpark Bordschomi-Charagauli
Eine weitere Wanderung machen wir im Nationalpark Bordschomi-Charagauli. Diese führt uns immer einem Bach entlang, stetig sanft ansteigend. Wir müssen den Bach mehrmals queren. Brücken gibt es nur bei den ersten drei Übergängen. Aber da der Bach aktuell sehr viel Wasser führt und der Weg teilweise gleichzeitig als Bachbeet herhalten muss, bekommen wir eh nasse Füsse. Auf dem Rückweg treffen wir auf ein Filmteam vom Fernsehsender Arte. Sie drehen eine vierteilige Serie über Nationalparks in Georgien und dieser ist einer davon.
Nationalpark Trialeti
Bevor es in den Trialeti Nationalpark geht, müssen wir unsere Gas Reserven wieder auffüllen. Die grosse Campinggas Flasche können wir an der Strasse auffüllen lassen. Kosten CHF 2.25. Für die kleinen Gaskartuschen fahren wir nach Tiflis. Die Stadtbesichtigung verschieben wir auf einen späteren Zeitpunkt. Mit 33,5° Celsius ist es uns einfach zu heiss.
So fahren wir weiter zum Nationalpark Trialeti. Wir finden einen schönen Schlafplatz an einem Canyon. Und dann entdecken wir, dass sich schmarotzende Untermieter eingenistet haben – Ameisen. Wir finden zwei Nester in den Radkästen und entfernen diese mit Wasser. So hoffen wir, dass wir das Übel in den Anfängen bekämpfen können. Wir ahnen nicht, dass uns die Ameisen noch viele weitere Tage beschäftigen werden.
Dashbashi Canyon
Ganz in der Nähe vom Trialeti Nationalpark befindet sich der Dashbashi Canyon. Oberhalb des Canyons befindet sich eine Besucherzentrum mit diversen Attraktionen. Diese werden allerdings erst Ende Juni fertig gebaut. Es umfasst Restaurant, Shop, eine Glasbrücke mit einem diamantförmigen Cafe in der Mitte, eine Riesenschaukel und eine Möglichkeit mit einem Rad über den Canyon zu fahren. So schauen wir uns einfach den Canyon mit dem schönen Wasserfall an. In den Hang gebaute Stege und ein steiler Pfad führen nach unten. Die Ausblicke in den Canyon, zur Brücke und auf den Wasserfall sind sehr schön. Aber für den Eintrittspreis von CHF 6.50 defintiiv zu teuer!
Immerhin finden wir einen wunderbaren Übernachtungsplatz im angrenzenden Wald. Wir bleiben gleich zwei Nächte. Bevor wir Weiterfahren ziehen einige Gewitter vorbei und die Strassen verwandeln sich in Schlammpisten. Während der Fahrt füllen sich die Profile der Reifen mit Dreck und es bildet sich eine Schlammschicht um die Reifen. Wir müssen sehr vorsichtig fahren und rutschen immer wieder etwas den Abhang runter und sind froh, dass wir keine Kuh oder Strommasten touchieren. Zum Glück gibt es im Dorf eine Autowaschmöglichkeit und wir können den ganzen Schlamm gleich wieder entfernen.
Javakheti Nationalpark
Da wir nun so weit im Süden von Georgien sind, beschliessen wir, den Abstecher nach Armenien jetzt zu machen. Auf dem Weg zur Grenze übernachten wir noch eine Nacht am Saghamo See. Dieser ist ein Teil des Javakheti Nationalparks. Dies lernen wir durch einen freundlichen Ranger, welcher uns an unserem Stellplatz aufsucht. Er versorgt uns mit Karten und Infomaterial und gestattet uns eine Nacht an diesem Platz zu stehen.
Die Landschaft mit den grünen, baumlosen Hügeln erinnert uns an die schottischen Highlands. Und tatsächlich nennt sich die Gegend auch Highlands von Georgien. Wir erleben wunderbare Gewitterstimmungen in der Ferne und einen schönen Sonnenuntergang über dem See. So haben wir nebst dem kulturellen Teil wie der Besichtigung von Wardsia und einigen Kirchen und Klöster, einen Einblick in die wunderschöne Natur von Georgien erhalten. Wir freuen uns auf die weitere Erkundung, nach unserer Rückkehr von Armenien.
Am nächsten Tag reisen wir weiter nach Armenien. Ob der Grenzübergang auch so unkompliziert war wie nach Georgien? Das erzählen wir im nächsten Blog.