Tusheti Nationalpark & der berüchtigte Abano Pass

Wir haben lange studiert, ob wir wirklich in den Tusheti Nationalpark fahren möchten (siehe Blog Vashlovani Nationalpark). Nicht wegen dem Nationalpark, sondern wegen der Fahrt dorthin. Die Tusheti Road über den Abano Pass soll eine der gefährlichsten Strecken der Welt sein. Zudem kann es immer wieder vorkommen, dass Strassenabschnitte wegen Erdrutschen gesperrt sind. Dadurch wäre man im Tal hinten abgeschnitten und müsste warten bis die Strasse  wieder freigeräumt bzw. befahrbar ist. Das macht uns doch ziemlich Eindruck und wir sind hin und her gerissen ob wir es wagen sollen.

Betty und Martin sind bereits oben und können uns einen Bericht über den aktuellen Strassenzustand geben und uns auch beruhigen, dass wir das mit unserem Pucci auch schaffen sollten. Wir müssen unsere Höhenangst überwinden und dann ist die Strasse gut machbar.

So fassen wir uns ein Herz und beschliessen in den Tusheti Nationalpark zu fahren. Diese Entscheidung treffen wir am Morgen nach dem Frühstück beim Ilani See. Ja, spontan können wir.

Abano Pass

Zu Beginn schlängelt sich die Strasse über den Abano Pass zum Tusheti Nationalpark entspannt am Fluss Stori entlang hinein ins Tal. Links die Felswände mit duzenden Wasserfällen, rechts der tosende Fluss. Die Szenerie mit den freilaufenden Kühen auf und neben der Strasse ist wunderschön. Dann kommen einige der sehr steilen und steinigen Serpentinen. Betty hat uns mitgeteilt – wenn wir diese steilen Serpentinen schaffen, liegt die heikelste Passage hinter uns und der Rest der Strasse werde einfacher. Besonders eine Serpentine hat es in sich, da sich in dieser grosse Steine befinden. Die Räder drehen etwas durch, aber wir schaffe es im ersten Anlauf. Die weiteren Kurven passieren wir gut und sind somit zuversichtlich für die weitere Strecke.

Die Passstrasse ist jedoch tatsächlich herausfordernd und zieht sich schier endlos bis zum Ziel in Omalo im Tusheti Nationalpark. Wenn man unterhalb der Baumgrenze fährt, ist es mit der Höhenangst gut machbar. Aber wenn auf der Talseite keine Bäume mehr sind, beginnt der Kopf einem ab und zu ein Schnippchen zu schlagen und man kann sich die schlimmsten Sachen ausmalen. Die vielen Gedenktafeln am Strassenrand erinnern an verunglückte Autofahrer und lassen die Konzentration automatisch hoch halten. Und wenn man an einem Autowrack vorbei fährt, treibt das die Konzentration gleich nochmals an.

Kurz vor der Passhöhe zieht Nebel auf aber wir kommen gut auf 2900 Metern über Meer an. Hurra – der erste Teil ist geschafft. Mir machen eine Pause, atmen durch und essen eine Kleinigkeit. Nun geht es wieder einige hundert Meter runter um zuletzt wieder nach Omalo hoch zu fahren.

Fazit Abano Pass Hinfahrt

Abschliessend können wir berichten, dass die Passfahrt sehr anspruchsvoll ist und es einige enge und sehr steile Kurven hat. Im unteren Bereich ist der Untergrund sehr steinig/sandig und im oberen Teil hat es Geröll. Aber so gefährlich, wie sie in vielen Berichten dargestellt wird, ist die Strasse zum Glück nicht. Bei nassen Verhältnissen sieht die Sache natürlich ganz anders aus. Immer wieder kommen Stellen, bei welchen die Strasse breit genug ist, dass man entgegenkommende Fahrzeuge gut kreuzen kann. Und auch wenn es oft sehr steil abfallend ist, fährt man nicht direkt am Abgrund, sondern hat an der Bergseite genügend Platz. Falls ihr den Abano Pass mal befahren möchtet, nehmt euch viel Zeit und plant einige Stunden ein.

Mit vielen Fotostopps benötigen wir für die 70 Kilometer lange Strecke etwas über 6 Stunden. Müde aber zufrieden kommen wir am Schlafplatz im Tusheti Nationalpark in Upper Omalo an und freuen uns dort auf das Wiedersehen mit Betty und Martin. Die Aussicht auf die umliegenden Berge und Schluchten ist umwerfend und das Beste, überall grasen freilaufende Pferde. Diese verbringen den Sommer im Tusheti Nationalpark und den Winter im Vashlovani Nationalpark. Frühmorgens werden wir jeweils von einer Pferdeherde sanft geweckt, wenn sie direkt um Pucci grasen und sich langsam vorwärts bewegen. Später zieht eine Schafherde an Pucci vorbei und etwas weiter unten sind Kühe am Grasen. Wir können das alles vom Aufstelldach beobachten und es ist einfach nur wunderschön den Tieren in dieser Freiheit zuschauen zu können. Die Pferde verbringen fast den ganzen Tag in unserer Sichtweite und ich kann einfach stundenlang nur beobachten und geniessen.

 

Yoga und Wandern

Der Start in den Tag beginnt mit einer gemeinsamen Yoga Lektion mit Betty und Sabi in dieser wunderschönen Tusheti Kulisse. Einfach nur traumhaft. Anschliessend machen wir eine kurze Wanderung zu einem Aussichtspunkt in der Nähe. Von hier könnte man sehr gut Bezoarziegen beobachten, diese wollen sich aber heute nicht zeigen. Danach ist endlich wieder mal etwas Laptop Arbeit angesagt. Blog schreiben und Video schneiden kamen die letzten Tage definitiv zu kurz. Wenn wir schon so nette Gesellschaft haben, verbringen wir die Zeit lieber mit Austauschen und zusammen Kochen als hinter den Bildschirmen.

Dartlo

Dartlo ist eine mittelalterliche Siedlung weiter hinten im Tusheti Nationalpark, welche für ihre historischen Steintürme und -häuser bekannt ist. Wir beschliessen das Dorf mit einer Wanderung zu besuchen. Da Omalo auf einem Plateau liegt, muss man, egal für welche Wanderung, immer zuerst steil nach unten und gleich wieder steil nach oben Wandern. Anschliessend führt der Weg durch einen zauberhaften Wald, bevor das letzte Teilstück der Schotterstrasse entlang führt.

Dartlo besticht schon von Weitem durch seine mystische Erscheinung mit den wunderschönen Schiefersteinhäuser und den Türmen. In Dartlo angekommen, laufen wir durch die Häuser und kommen uns vor wie in einer anderen Zeit. Wir können auch zusehen, wie diese Steinhäuser gebaut wurden bzw. werden. Mit präziser Handarbeit wird jeder Stein für seine zukünftige Position ausgesucht, gegegenfalls leicht angepasst und danach aufgeschichtet.

Nach einer kleinen Stärkung machen wir uns auf den Rückweg. Die ganze Wanderdung ist ca. 21 Kilometer und hat 1100 Höhenmeter. Müde und zufrieden kommen wir bei Pucci an und geniessen den restlichen Tag mit unseren Nachbarn und der Bergkulisse.

Ausflug nach Diklo

Wir möchten noch ein anderes Tal im Tusheti Nationalpark erkunden und dort eine Wanderung machen. So verlassen wir ungern den wunderschöne Pferde-Übernachtunsplatz, fahren steil ins Tal hinunter und noch steiler im Gegenhang wieder rauf. Einige Kurven sind so steil und eng, dass wir mehrere Anläufe benötigen um diese zu meistern. In solchen Momenten freue ich mich wieder sehr auf wieder mal “langweilige” asphaltierte Strassen. Roger freut sich auf solche herausfordernden Strassen, auch wenn es nicht immer einfach ist.

In Diklo angekommen wandern wir los zur Festung. Nach 5 Minuten kommen wir an eine Barriere. Auf dem Schild steht, dass danach Grenzgebiet zu Russland ist und dass man dieses ohne Bewilligung nicht betreten darf. Na toll. Diese haben wir natürlich nicht. Im Dorf wüssten wir nicht, wo wir zu einer solchen Bewilligung kämen. Die gäbe es wohl nur in Omalo beim Besucherzentrum. So kehren wir um und wollen dann wenigstens die Kirche im Dorf Shenako anschauen. Wir fahren durchs Dorf und möchten am Fusse des Hügels parkieren. Wenn da nicht dieses geschlossene Tor wäre. Also, mühsam wenden auf dem engen Weg und alles um den Hügel fahren, damit wir wieder zur gleichen Stelle kommen, wo wir Pucci parkieren können. Man muss dazu sagen, dass dieses Tor bei der Hinfahrt offen stand, wir aber den Umweg um den Berg genommen haben.

Kirche von Shenako

Shenako ist ein schönes Dorf und die alte Kirche ein wundervolles Sujet in der eindrücklichen Bergkulisse. Diese Kirche ist eine der wenigen in der Region Tusheti. Leider ist sie geschlossen aber ich hätte sie eh nicht betreten dürfen. In Tushetien dürfen Frauen keine Heiligtümer betreten. Und auch Schweine und Schweineprodukte sind verboten. Als wir runter zu Pucci laufen, ist das vorhin geschlossene Tor natürlich weit offen. Heute ist irgendwie der Wurm drin.

Und nun? Wo sollen wir schlafen? Auf der Anhöhe hat es einen tollen Platz mit einer herrlichen Aussicht. Leider pfeift uns der Wind so heftig um die Ohren, dass an ruhigen Schlaf im Aufstelldach nicht zu denken ist. Aufgrund fehlender Internetverbindung können wir auch nicht prüfen ob der Wind am Abend nachlässt. Wir werden den Nationalpark am kommenden Tag evtl. verlassen und so möchten wir ausgeschlafen sein für den anspruchsvollen Weg über den Adano Pass. Somit beschliessen wir den steilen Weg ins Tal zu fahren und am Fluss zu schlafen.

Wir richten uns ein. Nach einer Stunde kommt doch etwas Unruhe auf und wir beschliessen, wieder an „unseren“ Pferde-Platz zu fahren. Die Verlockung auf den Ausblick und die Tiere dort sind einfach zu schön.

Also Dach wieder einfahren und hoch den Berg. Am Schlafplatz angekommen freuen wir uns über unsere neuen Nachbarn Petra, Rens und Eska (Eska_the_wolfdog) und Stefan und Maryse von www.follow-your-nose.ch. Petra, Rens und Eska haben wir bereits im Vashlovani Nationalpark kennen gelernt und Stefan und Maryse haben wir an unserem ersten Tag in Georgien getroffen. Schon witzig wie man einige Reisende an völlig anderen Orten wieder trifft.

 

Abano Pass zum Zweiten

Am nächsten Tag verlassen wir Tusheti, fahren wir zurück ins Flachland und somit auch wieder über den Abano Pass. Da wir die Strecke und die Schlüsselstellen nun kennen, geniessen wir die Fahrt und die Ausblicke umso mehr. Immer wieder müssen wir auch in diese Richtung stoppen, staunen und fotografieren. Die Fahrt verläuft problemlos. Zurück im Tal, suchen wir uns einen Schlafplatz direkt am Fluss und erfrischen uns mit einem kühlen Flussbad.

Wir sind froh, dass wir den Tusheti Nationalpark besucht haben. Der Weg dahin, die Berglandschaft, die nette Gesellschaft und das leckere Essen im Dorf werden uns in bester Erinnerung bleiben.

Es gestaltet sich schwierig sich in Omalo mit Lebensmitteln einzudecken und einen Bankomat hat es auch nicht. Nehmt also genügend Esswaren und Bargeld mit wenn ihr länger dort bleiben möchtet..

 

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