Shatili und die Gräber selbstloser Menschen

Erfrischendes Bad

 

Zurück vom Abenteuer Abano Pass und Tusheti Nationalpark, bleiben wir zwei Nächte im Flachland, bevor es ins nächste Tal des grossen Kaukasus geht. Die mittelalterliche Festungsanlage Shatili ist unser Ziel.

Der Weg nach Shatili ist ebenfalls lang. Da wir die Strecke nicht in einmal fahren möchten, übernachten wir kurz vor dem Pass in einer Art Kiesgrube. Nicht der schönste Schlafplatz aber sehr praktisch und ruhig. So praktisch, dass wir auf dem Rückweg gleich nochmals dort übernachten werden. So können wir die Fahrtage kürzer halten und aus organisatorischer Sicht besser einteilen.

Aber zuerst geht es nun weiter in die Berge. Die Strasse über den Datvisjvari Pass ist grösstensteils sehr gut befahrbar und wir geniessen die Ausblicke in die sattgrünen Täler und auf die umliegenden 4000 Meter hohen Berge. Für das letzte Teilstück nehmen wir ein junges russisches Paar mit, welches am Wegesrand Autostopp machen. Auch so lernen wir gerne Menschen und deren Geschichten kennen.

 

Besucherzentrum Shatili – Fehlinvestition?

In Shatili angekommen verabschieden wir uns von den beiden. Sie werden in den kommenden Tagen nach Omalo im Tusheti Nationalpark wandern. Wir besuchen als erstes das neu erstellte, grosse Besucherzentrum direkt am Dorfeingang. Innen und aussen sehr schön anzuschauen aber leider hält sich das Wissen und die Möglichkeiten der Angestellten sehr in Grenzen. Es gibt auch keine Wanderkarte und nur spärliche Infos über die Gegend. In der Toilette gibt es (noch) kein fliessendes Wasser.

Wir fragen uns einmal mehr, wieso wird so viel Geld investiert und dann so wenig draus gemacht. Das Besucherzentrum ist seit einem Monat eröffnet. In Georgien konnten wir bereits einige Male beobachten, dass eine gute Absicht vorhanden ist und etwas tolles auf die Beine gestellt respektive gebaut wird. Aber sobald das Gebäude fertig ist, ist es vorbei mit der Absicht und es wird nicht weiter gedacht oder keine Installation mehr eingebaut. Wir haben uns oft gefragt, ob die Georgier nicht wollen oder dann doch keine Verwendung darin sehen. Es werden leider Vermutungen unsererseits bleiben.

 

Ardoti und das Pferde-Drama

Wir fahren die einspurige Schotterstrasse bis nach Ardoti. Das Tal und die Strasse werden immer enger. Ardoti besteht aus einem Friedhof mit sehr alten Gräbern und einigen Ruinen. Beim Hochlaufen zu den Ruinen stellen wir fest, dass sich jemand ein Haus renoviert hat und dort wohnt. In der Nähe des Hauses sehen wir am Gegenhang ein einzelnes Pferd und denken, dass dieses wohl dem Besitzer des Hauses gehört und dort mit einem Pflock angebunden ist. So ist das vielfach üblich hier.

Zurück bei Pucci überlegen wir, ob wir die Nacht an diesem Ort verbringen möchten. Da sehen wir wie das Pferd sich auf drei Beinen den steilen Hang runter kämpft, um am Bach zu trinken. Anschliessend quält es sich wieder den Berg rauf auf drei Beinen. Dieser Anblick tut unseren Augen weh. In diesem Moment kommt ein Park Ranger angefahren und ich versuche ihm mit Händen und Füssen die Notlage des Pferdes zu erklären. Als er endlich begreift was ich meine, gibt er mir mit zwei eindeutigen Handzeichen zu verstehen, was mit dem Pferd los ist. Das Pferd hat ein Bein gebrochen und wird erschossen. Wir hoffen dass das Pferd bald von seinen Leiden erlöst wird. Dies möchten wir nicht mit ansehen und fahren wieder talabwärts, um einen anderen Schlafplatz zu finden.

Mutso

Auf dem Weg hinunter, wandern wir noch hoch nach Mutso. Mutso ist ein Dorf mit mittelalterlichen Schieferstein-Gebäuden und Ruinen. Diese dienten als Wohnhäuser als auch zur Verteidigung. Insbesondere die in dieser Region weit verbreiteten Wachtürme sind immer wieder ein besonders schöner Anblick.

Kurz nach Mutso finden wir im engen Tal eine relativ gerade Fläche, welche sogar als offizieller Zeltplatz ausgezeichnet ist.  Hierdurch führt der kaukasische Fernwanderweg. Wir verbringen eine ruhige Nacht, obwohl die Gedanken immer mal wieder zu besagtem Pferd abschweifen.

 

Die selbstlosen Einwohner von Anatori

Es geht emotional weiter. Auf dem Weg nach Shatili kommen wir an den Grabhäusern von Anatori vorbei. Die Bewohner von Anatori wurden im 18. Jahrhundert von einer hochansteckenden, tödlichen Krankheit heimgesucht. Damit sich diese nicht weiter in der Region verbreitet, haben die Bewohner ausserhalb des Dorfes diese Grabhäuser gebaut. Die Infizierten haben sich in darin eingeschlossen, um dort auf den Tod zu warten. Durch kleine Fenster kann man ins Innere der Steinhäuser schauen. Da tut sich uns ein grusliger Blick auf. Es sind viele Gebeine und Schädel ersichtlich. Der einzige Überlebende von Anatori war ein Hirtenjunge, da er zu dieser Zeit in Tushetien als Hirte angestellt war und somit weit weg vom Dorf war. Die Tatsache wie sich diese Menschen freiwillig geopfert haben für das Wohl von anderen macht schon nachdenklich.

Shatili – Kultur, Begegnungen, Kulinarik und Sport

Wir fahren weiter nach Shatili und stellen uns etwas abseits vom Dorf auf eine Wiese an einem rauschenden Bergbach, mit Blick auf die Festung von Shatili. Eigentlich wollen wir nur eine Nacht bleiben aber unsere lieben Bayern Betty und Martin treffen am gleichen Tag noch ein und schlussendlich bleiben wir drei Nächte an diesem Platz und geniessen die gemeinsame Zeit sehr.

Martin und Roger bauen sogar noch einen Pool in den Bergbach und so können wir uns luxuriös im erfrischenden Bach abkühlen. Die Temperaturen sind ziemlich heiss, sogar hier in den Bergen. Wir verbringen die Tage mit lecker Essen, Lagerfeuer, Waschen, Blog/Videos erstellen, Joggen, Yoga und viel Tratschen. Ab der zweiten Nacht erhalten wir jeweils noch wechselnde Gesellschaft von anderen Reisenden und so gibt es immer viel zu erzählen. Unter Pucci legt sich alsbald ein Hund und bleibt zwei Tage und Nächte bei uns im Camp. Er scheint sich sehr wohl zu fühlen und verteidigt das Camp gegen vorbeiziehende Kuhherden. Am Abend des letzten Tages verschwindet er plötzlich und wir haben ihn erst am nächsten Tag im Dorf wieder gesehen und konnten uns noch verabschieden.

Am vierten Tag ist Aufbruchstimmung und wir verabschieden uns (einmal mehr) von Betty und Martin. Dieses Mal wird es leider zum letzten Mal sein. Die beiden fahren nach Tbilisi und anschliessend nach Armenien und Iran. Wir fahren Richtung Westen. So werden sich unsere Wege vorderhand leider nicht mehr kreuzen.

Wanderung auf den 3010 Meter hohen Khakhmatis

Auf dem Rückweg machen wir einen Stopp auf dem Datvisjvari Pass und laufen von dort auf den Gipfel vom Khakhmatis. Wir befinden uns dort oben auf 3010 Meter über Meer und der 360° Blick ist umwerfend. Nicht nur weil der Wind ziemlich kräftig bläst, sondern auch weil der Anblick der grünen Bergketten und die Spitzen der schneebedeckten Gipfel wunderschön sind. Wir setzen uns ins Gras und mit den vielen blühenden Alpenrosen wird es schon fast kitschig. Wir sehen in der Ferne sogar den über 5000 Meter hohen Kazbek, welchen wir in Stepandsminda schon aus der Nähe bewundern konnten (siehe Blog Kazbegi).

Nach dem Pass fahren wir an den besagten Übernachtungsplatz in der Kiesgrube und freuen uns, dass Betty und Martin noch eine kurze Kaffeepause bei uns einlegen, als sie ebenfalls vom Pass runterfahren.

So enden vier wunderschöne Tage im grossen Kaukasus und wir überlegen, wo wir als nächstes hinfahren. Gerne würden wir mit dem Ziel Ushguli das nächste Tal im Kaukasus erkunden und erwandern aber leider sind die Wetteraussichten alles andere als vielversprechend für die Berge. Aber wir sind guter Hoffnung, dass sich das noch ändert.

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